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Brillantsalmler - Moenkhausia pittieri (Eigenmann, 1920)

Vorwort:

Brillantsalmler - MännchenEine Fischart, der ich seit nunmehr 10 Jahren (für die Onlineversion dieses Textes: Seit 1997) mein jeweils größtes Becken gönne und sie dieses fast für sich alleine in Anspruch nehmen darf, muss etwas ganz besonderes sein.

Die Rede ist von einem Fisch, der in den Händlerbecken mit seinem grauen Grundton, ein paar Glanzschuppen und oft lang ausgezogenen Flossen wohl bei niemandem einen Kaufrausch auslösen wird. Es sei denn, man hat diese kleinen Brillanten einmal als ausgewachsene Exemplare in zusagender Umgebung erlebt.



Allgemeines:

Größe: Bis 6 cm Standardlänge.

Herkunft: Umgebung des Lake Valencia, Venezuela; im Handel fast ausschließlich NZ.

Geschlechtsunterschiede: Männchen haben eine viel größere Rücken- und Afterflosse (teils lang ausgezogen) sowie im Alter mehr Glanzschuppen als die Weibchen. Bei zusagenden Pflegebedingungen färben sich bei den Männchen die Flossen rosa bis leicht orange (letzteres gilt besonders für die Bauchflossen).



Pflege:

Für die Pflege empfehle ich Aquarien ab 80 cm Breite, besser jedoch noch 100 cm. Sicherlich kann man diese Fische auch in kleineren Becken pflegen und auch erfolgreich vermehren, man wird jedoch nie das volle Temperament dieser Art erleben. Die Männchen imponieren täglich untereinander und benötigen hierfür reichlich Platz.

Brillantsalmler - WeibchenMeine Fische pflege ich aktuell in Leitungswasser mit ca. 240 µS/cm, die Wassertemperatur schwankt zwischen knapp 23 und 24 °C. In Weichwasser ist eine Torffilterung in meinen Augen nicht unbedingt notwendig. Zumindest ist hier keine Verhaltensänderung zu verzeichnen: Die Fische imponieren, balzen und laichen täglich - mit wie ohne Torf.

Als Unterkunft dient ein Aquarium mit den Massen 160x60x60 cm, gefiltert wird über eine Eckmatte (siehe Mattenfilter). Die Einrichtung dürfte einem natürlichen Biotop entsprechen: Die Pflanzen (Ludwigia, Limnophila, Najas) fluten an der Wasseroberfläche, am Bodengrund liegt stellenweise Mulm, zwischen Holzstücken und Cryptocorynen sind Moos- und Algenpolster. Das Becken müssen sich meine Brillantsalmler mit sechs Pyrrhulina spilota, ein paar Otocinclus spec. (LG2?) sowie einem verbliebenen Nannostomus trifasciatus teilen.

Die als typisch angesehene, lang ausgezogene Rücken- und Afterflosse der Männchen entwickeln meine Tiere nicht: Durch das ständige Prügeln untereinander werden sie auf natürlichem Wege kurz gehalten, auch wenn ich den Tieren ausreichend Platz biete. Vielleicht liegt es aber auch daran, dass ich kaum andere Fische mit in den Aquarien pflege und die Brillantsalmler ihre volle Aufmerksamkeit ihren Artgenossen widmen können (abgegebene Nachzuchten entwickelten weitaus größere Flossen).

Das erste Imponieren von jungen Männchen kann ich ab einer Gesamtlänge von 20 mm beobachten; die Geschlechtsreife erreichen sie im Alter von vier Monaten. Glanzschuppen, denen diese Art ihren Namen verdankt, sind bei Jungtieren nur zu erahnen, mit zunehmendem Alter werden es immer mehr, bis letztlich der gesamte Körper damit bedeckt ist.

In meinem großen Becken ist zu beobachten, dass Jungfische in einer Größe von 15-20 mm TL öfters in kleinen Gruppen (6-8 Tiere) durch das Freiwasser schwimmen. Kleinere (bis 10 mm TL) halten sich fast ausschließlich einzeln entweder im Pflanzendickicht unter der Wasseroberfläche oder dicht über dem Bodengrund auf.

Brillantsalmler - MännchenSeitdem die Gruppe aus mehr als 60-70 (geschätzt) geschlechtsreifen Tieren besteht, kommt es gelegentlich zu einer spontanen Schwarmbildung, deren Sinn ich jedoch noch nicht erkenne. Einzelne Tiere beginnen durch das Becken zu ziehen wobei sich die Mehrzahl der verbleibenden Tiere anschließt. Besonders häufig kann ich dies gegen Abend beobachten (subjektive Beobachtung, da ich abends mehr Zeit vor dem Becken verbringe als tagsüber).

Erwähnenswertes zum Freßverhalten: Bei Fütterung mit Anflugnahrung (z. B. Drosophila) schießen generell nur einzelne Tiere aus der Gruppe nach oben um die Futtertiere zu erhaschen, niemals jedoch alle (was meiner Meinung nach dem natürlichen Verhalten entspricht (Feinddruck aus der Luft)). Im Gegensatz zur Fütterung mit Frostfutter (große Futtermenge auf kleinem Raum) fallen die Fische wie Piranhas über das Futter her. Anscheinend überwiegen hier die Vorteile der raschen Futteraufnahme gegenüber der Gefahr vor Freßfeinden.



Futter:

Generell sind Brillantsalmler gierige Allesfresser, man sollte sich aber nicht zu einer eintönigen Ernährung (z. B. mit Trockenfutter) verleiten lassen. An Lebendfutter bietet sich Tümpelfutter (Hüpferlinge, Wasserflöhe, Mückenlarven, ...) sowie Fruchtfliegen an. Feines Tümpelfutter (Cyclopsnauplien) unterstützt neben einer kräftigen Färbung das Aufkommen von Jungfischen, da nie alle Futtertiere von den Fischen sofort erbeutet werden und längere Zeit im Aquarium überleben.

Neben der gezielten Fütterung (z.B. mit Lebend- und Frostfutter) werden in geringen Mengen auch Fadenalgen und Teichlinsen als Nahrungsergänzung gefressen.



Fortpflanzung:

Die gezielte Zucht habe ich 1997 im paarweisen Ansatz zweimal durchgeführt. Die Fische wurden in einem 25l-Becken ohne Bodengrund und Laichrost, lediglich mit einem Büschel Javamoos angesetzt. Die Wassertemperatur betrug ca. 25 °C. Als Wasser wurde Quellwasser mit einer Gesamthärte von ca. 3 °dH und einer Karbonathärte von unter 1 °dKh verwendet (diese extremen Wasserwerte sind für eine erfolgreiche Vermehrung nicht erforderlich!). Beide male laichte das Paar einen Tag nach dem Einsetzen (Vormittags) und die über den gesamten Bodengrund verteilten, glasigen Eier waren mit bloßem Auge gut zu erkennen.

Die Eltern zeigten nach dem Ablaichen das gleiche apathische Verhalten wie nach dem Umsetzen in das Zuchtbecken und vergriffen sich nicht am Laich. Die Aufzucht Brut war problemlos: Sie fraßen direkt nach dem Freischwimmen Artemia- und Cyclopsnauplien. Wichtig ist lediglich Sauberkeit im Aufzuchtbecken wie bei anderen Salmlerarten auch. Ich überführte daher die Brut in den ersten Tagen alle zwei Tage in ein sauberes Becken (vorsichtiges Umschütten). Insgesamt zog ich 109 Jungfische auf.

Bei optimaler Haltung sind für eine Bestandserhaltung keine direkten Zuchtansätze notwendig, da sich die Fische auch bereitwillig im Daueransatz vermehren. Fast jeden morgen, noch vor dem Einschalten der Beleuchtung, beginnen die Balzaktivitäten der Männchen, die mit weit gespreizten Flossen gegenseitig imponieren. Die Kraftproben gehen soweit, dass es regelmäßig zu zerfetzten Flossen (besonders Rücken- und Afterflosse, selten Schwanzflosse) und dem Verlust von einzelnen Schuppen kommt. In Fortpflanzungsstimmung sind die Männchen auch am prächtigsten gefärbt: Die Flossen bei jungen Männchen färben sich in ein schickes dunkles grau, bei älteren Tieren in ein grau-violett mit schmalem, weißem Saum um die Afterflosse. Sind die ersten Machtkämpfe zwischen den Männchen ausgetragen, werden die Weibchen mit starkem Zittern des ganzen Körpers umworben. Die Laichabgabe erfolgt meist über Algenpolstern oder zwischen Pflanzen.

In Becken mit Bodenmulm und Polstern aus Javamoos oder Algen kommen - zumindest bei mir - immer genügend Jungfische auf um den Bestand zu sichern. Ein Extrembeispiel ist wohl mein aktuelles Wohnzimmeraquarium: 16 Jungfische von ca. 15 mm Totallänge haben es innerhalb von 9 Monaten geschafft, den Bestand auf geschätzt 100 Tiere (davon mittlerweile 80 % geschlechtsreif) zu erhöhen.



Zur Diskussion: Trübe und zerstörte Augen bei männlichen Brillantsalmlern

Zerstoertes Auge eines männlichen BrillantsalmlersSeit einigen Jahren beobachte ich bei meinen Brillantsalmlern, dass fast alle ausgewachsenen Männchen früher oder später getrübte Augen bekommen. Erst beginnt es mit einer leichten Trübung der Hornhaut; mit zunehmendem Alter wird das gesamte Auge zerstört. Dieses Phänomen tritt jedoch nur bei männlichen Tieren auf. Eine Krankheit, die geschlechtsspezifisch ist, schließe ich aus. Meine Vermutung geht dahin, dass sich die Männchen bei ihren Prügeleien die Hornhaut und letztendlich das Auge zerstören.

Diese Vermutung wurde nun bestätigt: Seit fast genau einem Jahr sind meine Brillantsalmler mit einer Gruppe Nematobrycon lacortei vergesellschaftet. Die N. lacortei verhalten sich zeitweise extrem territorial, wodurch sich die Brillantsalmler bei ihrem Imponiergehabe stark einschränken müssen. Die männlichen Brillantsalmler, die in dieser Zeit die Geschlechtsreife erreicht haben, unterscheiden sich von ihren Artgenossen durch eine größere Beflossung und gesunde Augen.


Literaturnachweis:


Videos:

Fütterung meiner Brillantsalmler mit Fruchtfliegen (Ogg-Theora, ca. 6 MB). Alternativ auch als H.264-Video verfügbar.

Brillantsalmler - Verteidigung der Ablaichplätze (Ogg-Theora, ca. 8 MB). Alternativ auch als H.264-Video verfügbar.

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